Mietendeckel vom 11.02.2020 am 23.02.2020 in Kraft getreten

Am 23.02.2020 ist das im Vorfeld vieldiskutierte Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln), allgemein „Mietendeckel“ genannt, in Kraft getreten. (www.berlin.de).

Das Gesetz greift in bestehende Mietverhältnisse ein und beschränkt die höchstens zulässige Miete auch dann, wenn die Mietvertragsparteien eine höhere Miete vereinbart hatten.

Die wesentlichen Änderungen haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.

Ihr

KNP-Team

A. Anwendungsbereich

Der Mietendeckel gilt gem. § 1 MietenWoG Bln in Berlin für die gesamt Wohnraummiete. Hierzu zählen auch befristete Mietverhältnisse, Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum und Untermietverhältnisse.

Nicht dem Mietendeckel unterfallen jedoch

  • öffentlich geförderter Wohnraum (sog. sozialer Wohnungsbau)
  • Wohnraum, für den Mittel aus öffentlichen Haushalten zur Modernisierung und Instandsetzung gewährt wurden und der einer Mietpreisbindung unterliegt (sog. vertragliche Förderung).
  • Wohnraum, der ab dem 01.01.204 erstmalig bezugsfertig wurde bzw. mit einem dem Neubau entsprechenden Aufwand zu Wohnzwecken wiedergestellt wurde.
  • Wohnraum in einem Wohnheim
  • Wohnraum, den eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein anerkannter privater Träger der Wohlfahrtspflege zur Überlassung an Personen mit dringendem Wohnbedarf oder mit Pflege- oder Teilhabebedarf mietet oder vermietet.

B. Mietenstopp

1. Grundsatz Mietenstopp

$ 3 Abs. 1 MietenWoG Bln bestimmt einen Mietenstopp.

Dem Vermieter ist verboten, eine höhere als die am 18.06.2019 („Stichtag“) wirksam vereinbarte Miete zu fordern (§ 3 Abs. 1 MietenWoG Bln). Wurde die Wohnung nach dem Stichtag und vor dem Inkrafttreten des MietenWoG Bln erstmals vermietet, so ist die wirksam vereinbarte Miete für den Mietenstopp maßgeblich.

Der Mietenstopp gilt für eine Dauer von fünf Jahren ab Inkrafttreten (§ 4 Abs. 2 MietenWoG Bln), d.h. bis zum 22.02.2025.

2. Ausnahme: Wiedervermietung einer modernen, vormals für eine geringe Miete vermietete Wohnung

Eine Ausnahme vom Mietenstopp sieht § 3 Abs. 3 MietenWoG Bln für die Wiedervermietung von Wohnungen vor, die zwei Merkmale einer modernen Ausstattung aufweisen und die vor Inkrafttreten des MietenWoG Bln für eine Miete von weniger als 5,02 EUR/m² vermietet wurden. Die Merkmale einer modernen Ausstattung sind in § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln definiert. Es handelt sich hierbei um

  • schwellenlos von Wohnung und Hauseingang erreichbarer Personenaufzug
  • Einbauküche
  • hochwertige Sanitärausstattung
  • hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume
  • Energieverbrauchskennwert geringer als 120 kWh/m²a.

Wenn eine solche Wohnung am Stichtag für weniger als 5,02 EUR/m² vermietet war, so darf bei einer Wiedervermietung die Miete um maximal 1,00 EUR/m² steigen, höchstens jedoch auf 5,02 EUR/m².

3. Ausnahme: Modernisierungsmieterhöhungen

Ausgenommen vom Mietenstopp sind gem. § 7 Abs. 1 MietenWoG Bln nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln erfolgte Modernisierungsmieterhöhungen um maximal 1,00 EUR/m². Die Einzelheiten stellen wir unten unter lit. E. dar.

4. Ausnahme: Inflationsanpassung

Gem. § 3 Abs. 4 MietenWoG Bln darf die Miete trotz des Mietenstopps an die Inflation, höchstens jedoch jährlich um 1,3 %, angepasst werden. Hier sind die ab dem 1. Januar 2022 von der Senatsverwaltung für Wohnungswesen festgestellten Werte maßgeblich sind.

Diese Regelung begründet kein eigenständiges Recht zur Mieterhöhung, sondern berechtigt den Vermieter, im Rahmen der sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Mieterhöhungen vorzunehmen. Dies kann insbesondere eine Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete sein.

C. Mietobergrenzen für Neuvermietungen

Neben dem Mietenstopp gelten Mietobergrenzen für neue Mietverhältnisse.

Für Mietverträge, die nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln abgeschlossen werden, enthält § 6 Abs. 1 MietenWoG Bln eine Tabelle, die in Abhängigkeit vom Baualter und vom Vorhandensein der Ausstattungsmerkmale eines Bades und einer Sammelheizung Mietobergrenzen nennt.

Diese Obergrenzen sind gem. § 6 Abs. 2 MietenWoG Bln um 10 % zu erhöhen, wenn die Wohnung in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen liegt.

Verfügt die Wohnung zumindest über drei der Ausstattungsmerkmale einer Wohnung mit moderner Ausstattung gem. § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln, so erhöht sich die Mietobergrenze um einen weiteren Betrag von 1,00 EUR/m².

Im Falle von Modernisierungen gem. § 7 Abs. 1 MietenWoG Bln kann sich die Mietobergrenze um maximal 1,00 EUR/m² erhöhen. Die Einzelheiten stellen wir unten unter lit. E. dar.

D. Überhöhten Mieten in bestehenden Mietverhältnissen

Für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MietenWoG Bln bereits bestehende Mietverhältnisse gelten ebenfalls Mietobergrenzen.

Diese treten abweichend von den sonstigen Bestimmungen des MietenWoG Bln gem. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 MietenWoG Bln erst neun Monate nach der Verkündung des MietenWoG Bln, d.h. ab dem 23.11.2020, in Kraft.

Die Mietobergrenzen ergeben sich zunächst, wie die Mietobergrenzen für Neuvermietungen, aus der Tabelle gem. § 6 Abs. 1 MietenWoG Bln.

Hinzu kommt ggf. gem. §  6 Abs. 2 MietenWoG Bln ein Zuschlag von 10 % bei einer Wohnung in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen.

Im Fall einer modernen Ausstattung erhöht sich gem. § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln die Mietobergrenze um einen weiteren Betrag von 1,00 EUR/m², wobei zu beachten ist, dass sich hier eine Wohnung erst dann als moderne Wohnung qualifiziert, wenn drei besondere Ausstattungsmerkmale vorliegen.

Im Fall einer Modernisierung gem. § 7 Abs. 1 MietenWoG Bln steigt die Mietobergrenze um einen weiteren Betrag von 1,00 EUR/m². Die Einzelheiten stellen wir unten unter lit. E. dar.

Anders als bei der Mietobergrenze für Neuvermietungen hat bei der Mietobergrenze für Bestandsmietverhältnisse die Lage der Wohnung Einfluss auf die Obergrenze. Bei einfachen Wohnlagen ist ein Abzug von 0,28 EUR/m² vorzunehmen und bei mittleren Wohnlagen ein Abzug von 0,09 EUR/m². Bei guten Wohnlagen ist ein Zuschlag von 0,74 EUR/m² zu berücksichtigen.

Eine Miete ist gem. § 5 Abs. 1 Berliner MietenWoG insoweit verboten, wie sie die hier dargestellte Mietobergrenze um mehr als 20 Prozent übersteigt. Anders als in den zunächst veröffentlichten Gesetzesvorlagen ist im MietenWoG Bln nicht geregelt, dass der Mieter zur Absenkung der Miete zwingend ein Verwaltungsverfahren durchführen lassen muss. Vielmehr gilt die Mietobergrenze unmittelbar kraft Gesetz und unabhängig von einem Verwaltungsverfahren. Die Senatsverwaltung ist jedoch berechtigt, Maßnahmen zu treffen, die zur Durchsetzung der Mietobergrenzen erforderlich sind (§ 5 Abs. 2 MietenWoG Bln).

E. Modernisierungsmieterhöhungen

Aufgrund des Mietenstopps gem. § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln sind einem Vermieter ab Inkrafttreten des MietenWoG Bln Mieterhöhungen weitgehend untersagt. Hierunter fallen im Grundsatz auch Modernisierungsmieterhöhungen. Hiervon ausgenommen sind jedoch gem. § 7 MietenWoG Bln Mieterhöhungen aufgrund bestimmter Modernisierungsmaßnahmen bis zu einer Höhe von 1,00 EUR/m².

Ebenfalls kann sich aufgrund einer solchen Modernisierung die Mietobergrenze gem. § 6 MietenWoG Bln um bis zu 1,00 EUR/m² erhöhen.

Während gem. § 555b BGB eine Vielzahl von Maßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Einsparung von Energie oder Maßnahmen zur Wohnwertverbesserung, Modernisierungsmaßnahmen darstellen, berechtigen gem. § 7 Abs. 1 MietenWoG Bln nur bestimmte, im folgenden genannte Modernisierungsmaßnahmen den Vermieter zur Erklärung von Modernisierungsmieterhöhungen:

  • Modernisierungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung
  • Wärmedämmung der Gebäudehülle, der Kellerdecke, der obersten Geschossdecke oder des Dachs
  • Modernisierungen zur Nutzung erneuerbarer Energien
  • Energetische Fenstererneuerung
  • Heizanlagentausch mit Heizanlagenoptimierung
  • Aufzugsanbau
  • Abbau von Barrieren durch Schwellenbeseitigung, Türverbreiterung oder Badumbau

Mieterhöhungen aufgrund anderer Modernisierungsmaßnahmen sind nicht erlaubt.
Mieterhöhungen muss der Vermieter der Investitionsbank Berlin anzeigen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln).

F. Härtefälle

Zur Vermeidung von unbilligen Härten, die nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters liegen, kann die Investitionsbank Berlin gem. § 8 Abs. 1 MietenWoG Bln auf Antrag des Vermieters abweichend vom Mietenstopp und von den Mietobergrenzen eine höhere Miete genehmigen.

Im Verantwortungsbereich des Vermieters liegen u.a. Wertsteigerungserwartungen, Finanzierungskosten außerhalb des marktüblichen sowie Ertragserwartungen, denen überhöhte Mieten zugrunde liegen.

Eine unbillige Härte liegt gem. § 8 Abs. 2 MietenWoG Bln dann vor, wenn die laufenden Aufwendungen die Erträge für die Wirtschaftseinheit übersteigen oder für ihre Erhaltung nicht ausreichen.

Die Senatsverwaltung darf gem. § 8 Abs. 3 MietenWog Bln die Kriterien für einen Härtefall näher bestimmen.

G. Informationspflichten

Vor Abschluss eines Mietvertrags hat ein Vermieter gem. § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln einen Mieter unaufgefordert über die Miethöhe am Stichtag bzw. über die für den Mietenstopp maßgebliche Miethöhe aufzuklären. Ebenfalls muss ein Vermieter einen Mieter vor Abschluss eines Mietvertrags gem. § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln unaufgefordert Auskunft über die maßgeblichen Umstände zur Berechnung der Mietobergrenze erteilen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln, d.h. bis zum 22.04.2020, muss gem. § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln ein Vermieter Mietern unaufgefordert Auskunft über die maßgeblichen Umstände zur Berechnung der Mietobergrenze erteilen.

Jederzeit muss ein Vermieter gem. § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln auf Verlangen des Mieters oder des zuständigen Bezirksamts die Miethöhe am Stichtag bzw. die für den Mietenstopp maßgebliche Miethöhe mitteilen. Ebenfalls muss ein Vermieter gem. § 6 Abs. 4 MietenWoG Bln der Senatsverwaltung für Wohnungswesen auf deren Verlangen Auskunft über die maßgeblichen Umstände zur Berechnung der Mietobergrenze erteilen.

H. Verstöße gegen das MietenWoG Bln sind Ordnungswidrigkeiten

Verstöße gegen das MietenWoG Bln stellen gem. § 11 MietenWoG Bln Ordnungswidrigkeiten dar und können mit Geldbußen bis zu 500.000,00 EUR geahndet werden. Hierzu zählen das Fordern oder Entgegennehmen einer unzulässig hohen Miete, aber auch Verstöße gegen Informationspflichten oder unterlassene Anzeigen von Modernisierungsmieterhöhungen gegenüber der Investitionsbank Berlin.

I. Verfassungsgemäßheit des MietenWoG Bln

Es ist umstritten, ob das MietenWoG Berlin gegen das Grundgesetz und gegen die Berliner Landesverfassung verstößt.

Dies bezieht sich zum darauf, ob das Land Berlin für diesen eine Gesetzgebungskompetenz hat. Nach Ansicht der Berliner Regierungsparteien folgt die Gesetzgebungskompetenz aus der Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Wohnungswesen.

Zum anderen ist umstritten, ob das MietenWoG Bln inhaltlich gegen das Grundgesetz und die Berliner Landesverfassung verstößt und insbesondere das Eigentumsgrundrecht und das Rückwirkungsverbot verletzt.

J. Handlungsmöglichkeiten

Vermieter und Mieter sind der Situation ausgesetzt, dass ungewiss ist, ob das MietenWoG Bln wirksam ist.

Vorsichtige Mieter werden die höhere Miete zahlen und sich vorbehalten, diese aufgrund der Verfassungswidrigkeit des MietenWoG Bln zurückzufordern. Andere Mieter werden ggf. die sich aus Mietenstopp oder Mietobergrenze ergebende Miete zahlen und bei Unwirksamkeit des Gesetzes ggf. den Differenzbetrag nachzahlen müssen.

Dem Vermieter drohen bei Verstößen gegen das MietenWoG Bln allerdings nicht nur Streitigkeiten mit Mietern, sondern auch Geldbußen bis zu 500,000,00 EUR. Daher muss im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, in welcher Höhe Mieten vereinbart und vereinnahmt werden dürfen und welche Informations- und Mitwirkungspflichten bestehen.

Immobilienerwerber sollten möglichst vor dem Kauf prüfen, ob die erwarteten Mieteinnahmen ohne Verstoß gegen das MietenWoG Bln vereinnahmt werden können.

Diese Zusammenfassung dient dazu, einen ersten Überblick über die Gesetzesänderungen zu geben. Eine Haftung für Vollständigkeit und Richtigkeit wird nicht übernommen. Mit dieser Zusammenfassung ist kein Rechtsrat verbunden und sie ersetzt keine auf den Einzelfall bezogene Beratung.

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